Die beruflichen Anfange eines der wichtigsten Photographen des 20. Jahrhunderts waren bisher kaum erforscht. August Sander (1876-1964), der mit seinem epochalen Portraitwerk Menschen des 20. Jahrhunderts asthetisch und konzeptuell Masstabe setzte, die bis heute gultig sind, begann seine Laufbahn als selbstandiger Photograph im osterreichischen Linz. Dort eroffnete er 1901 ein Atelier fur Portrait- und Landschaftsaufnahmen, knupfte gesellschaftliche Kontakte, die seinem Geschaft zugute und den eigenen kunstlerischen und musikalischen Neigungen entgegen kamen und beteiligte sich — auch mit Gemalden — an Ausstellungen und Wettbewerben. In Sanders Linzer Zeit fallen die auf breiter Front gefuhrten Diskussionen um eine Erneuerung des Mediums. Der"Piktoralismus"der Jahrhundertwende und die kommerzielle Studiophotographie gerieten mehr und mehr ins Kreuzfeuer der Kritik. Vor allem beim Portrait wurde der Ruf nach mehr Lebensnahe und Authentizitat laut. August Sander fand sich hier in seiner eigenen Suche nach neuen gestalterischen Mitteln bestatigt — und anerkannt. Als die Familie 1909 nach Koln ubersiedelte, waren die Grundlagen fur die weitere Entwicklung seines photographischen Werks gelegt.
Rund 330 Originale haben sich aus Sanders Linzer Jahren erhalten. Erganzt durch weiteres Bildmaterial, das nur in Reproduktionen oder uber Beschreibungen in Katalogen und Fachblattern greifbar ist, ergab sich ein"Linzer Bestand", den die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Koln in Kooperation mit der Landesgalerie Linz einer eingehenden wissenschaftlichen Recherche unterzogen hat. Ergebnis dieser mehrjahrigen Forschungsarbeit ist die vorliegende Publikation, die eine Ausstellung in Linz und Koln begleitet